KÜNSTLER (n. m.)
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Wie nun die richtige Ebenmaß der edelgemeldeten Mahlerey mit den Augen redet/und eine Sprache ist/welche jedermann verstehen will/der nicht blind ist; als ist so viel schwerer die allgemeine Beliebung zu erlangen/und ist auch selten ein Künstler zu finden/welcher in allen Stücken gleich glückselig gearbeitet/und so wol in Landschaften/ Bildern/ Thieren/ Contrafaien/ Gebäuen/ kleiner und grosser Arbeit eine endliche Vollkommenheit sollte erwiesen haben; dergestalt/ daß auch die Meister der Kunst/vielmals aus Ehrfurcht und Neid/sich so wenig/als die Unverständigen in solchen Sachen/eines einstimmigen Urtheils vergleichen können.
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Zeuxis hat der Helenä Bildnis mit so überholder Schönheit gemahlet / daß die lebendige Helena / von der verstorbnen und gemahlten gleichsam überwunden worden; also / daß fast gantz Griechenland zugeloffen / daß Kunststück mit Verwunderung anzusehen /und unter andernauch Nicostratus / welcher der Zeit nicht für dengeringsten Meister dieser Kunst gehalten wurde: dieser erstaunte ob dem ersten Anblick solches Bildes / daß er gleich einem Stein ohne Bewegnis darbey stehend verblieben / und von der Betrachtung solches Gemählsenzucket / von einemandern unbedachtsamen Gesellen geschüttelt und gleichsam von dem Schlafe erwecket werden wolte / mit befragen: was er an dem Gemähl so groß verwunderte? darauf Nicostratus geantwortet: Dieses ist kein Bild für die Nachteulen / und wann da deine ungeschickte Augen / mit den meinigen vertauschen köntest / so würdest du diese Frage eines Blinden / an mich nicht gelangen lassen. Also wäre zu wünschen / daß die Künstler allein von der Künste und nicht di Unverständigen wie die Blinden von der Farbe redeten.
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{Ein Kunstliebender Jüngling/ mus der Lastere müssig gehen} Der Jüngling/ so mit dieser Fähigkeit von Gott begabet ist/ mus die Venus, den Bacchus und Müßiggang/ als Feinde der Tugend/ meiden/ und die Zeit/ welche allein zur Vollkommenheit leitet/ nicht verlieren. Die Faulheit/ machet nur unglückselige Leute: […]. Es vermeinen etliche unsere Teutsche/ auch theils alte Künstlere/ es sey ihnen rühmlich/ und fördere zu großem Namen/ wann sie große wilde Fantasten sind/ und durch verkehrtes Leben wilde würme im Kopf zeugen: womit sie dann ihre thörichte Einfalt zeigen/ und daß ihnen an Vernunft und Weisheit gar viel abgehe/ und nichts/ als Schaden/ neben der Schande/ erwerben/ verachtet und verlacht werden.
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{Ein rechtschaffener Künstler/ strebet/ durch Tugend/ nach Ruhm und Ehre} Ein rechtschaffener Künstler/ der verständig ist/ hat nichts liebers/ als Ehre und Lob durch Tugend zu erlangen. Hieraus folget nun/ daß ein löbliches vernünftiges Leben/ neben dem studio, einen großen Künstler mache. Damit er auch in respect bleibe/und sein Glück fürdere/ mus ers ich befleißen/ bey hohen Personen sich discret und süttsam zu verhalten […] Er hat auch insonderheit der höflichen Geschicklichkeit sich zu befleissigen/ weil durch ungeschickte Grobheit alles wieder kan umgestossen werden/ was durch die vorgemeldeten Tugenden erhoben worden. Kurz: ohne diese beyden Gaben der Kunst und des zierlichen Wandels/wird kein Künstler der wahren Vollkommenheit sich versehen haben.
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Solche Dinge/ die der Natur zum ähnlichsten/ können dem durch langen Fleiß abgematteten Künstler/ seine Mühwaltung/ mit Ehre und Gewinn wieder vergelten/ als wordurch Hand und Verstand zu einer sonderbaren gratia, Lebhaftigkeit und Leichte angewöhnet wird. Man glaube sicherlich/ daß diese practic, welche man durch viel Jahre mit sonderbarem Fleiß erworben/ sey das wahre Liecht zur Zeichnung/ und das Mittel eines Künstlers/ sich berühmt und ansehnlich zu machen
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So muß auch der Künstler vorhero die Historien offt/ und aus unterschiedlichen Authoren lesen/ seine Gedancken zu mehren sich befleissen/ das beste daraus erwählen/ {Aus unterschiedlichen Entwurff ein Modell zeichnen} in seinem Verstande wol begreiffen/ und fest stellen/ alsdann in geistreicher Ordnung/ durch etliche Entwürffe auf Papier/ das Beste heraus ziehen und vermehren/ ein Carton oder Model machen. Solches ist der gemeine Gebrauch. Ich habe aber besser gefunden/ daß ich iedesmal alles zusammen auf ein Tuch/ einen oder zween Schuch hoch/ die Ordnung und colorit zusammen gebracht/ mit Farben gemahlt/ alsdann alles beysammen sehend/ welches in allen Theilen das Beste wäre/ geurtheilet: damit/ was wenigst an ständig/ im grossen Haupt-Wercke vernünfftig geändert werden möchte.
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Rede bey Stellung des Modells, p. 3-4
Kunstberühmte und Geistreiche Männer halten nur die edelste Materie, ihres Fleisses und ihrer Kunst würdig, des Menschliche Leib aber, ist unter allen sichtbaren Dingen das edelste Objectum, welches einem Künstler vor Augen kommen kan. Wie dann der Allmächtige selbst saget : Er habe den Menschen nach seinem Bilde geschaffan […] Und wir erlernen aus seinem Worte/ daß Er/ als der allweise Schöpfer das gantze Werck seiner Schöpffung mit Formirung des Menschlichen Leibes gleichsam enden und kröhnen wollen ; […] Allein ist es nicht meine Meinung/ zu behaupten/ daß eben die jetzt ermeldten Praerogativen des Menschlichen Leibes die Motiven seind/ welche die Künstler bewogen haben / daß sie ihn biß jetzo her allezeit vor den volkommensten Vorwurff ihrer Kunst gehalten ; Nein/ sondern die alle andere Cörper überreffende schöne Structur desselben ist es/ welche alle Ehrbegierige Künstler / so bald sie geringste Erkenntnis davon eingenommen/ als bezaubert dahun treibt daß sie alle andere sichtbare Dinge nur vor Neben-Dinge achten/ den Menschlichen Leib vor reich genug erkennen daß er ihnen Materie geben werde durch dessen Nachbildung sie einen ewigen Namen bey der Nachwelt erwerben können ; und daß mit Recht : Dann wo ist wol ein Körper/ dessen Structur aus einer solchen vollkommenen schönen Proportion bestehe ? dessen feste und bewegliche Theile in so grosser Anzahl sich zeigen/ und so schön gestaltet/ und wunder künstlich ineinander gefüget sein ? Wo ist ein Cörper der mit einer so zarten und schön colorirten Haut umgeben ? Oder/ welcher mit seinen Gliedern es dem Menschlichen Leib in der unendlichen Variation seiner Geberden nachthun könne ? mit welchen er auch die innersten Gedanck seiner in ihm wohnenden vernünfftigen Seelen entdecken kan. Es haben die Griechen den Menschlichen Leib/ wegen der vielfältigen in ihme sich befindenden Wunder/ eine kleine Welt genant.
Griechen (die)
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Das 4. Capitel. Was Fresco mahlen sey/ und wie mit solchem umzugehen.
Die Kunst auf Mauren, und nassen Kalck zu mahlen übertrift alle andere Mahlerey in diesem, weil solchen in einen Tag geschehen muß, da man sonst in andern Sachen viel Jahre und Monate mit verändern und verbessern zubringen kan.
Es ist aber Fresco mahlen, wenn man eine Maure, mit Mörtel oder Kalck bewerffen läst, und also auf solchen nassen Kalck mahlet, und muß der Mahler so viel als er bewerffen lassen, also fort übermahlen: Denn sonsten vertrucknet der Anwurff samt der darauf angefangenen Arbeit allzuhart, daß solche hernach mit den daneben zustehenden Anwurff sich nicht mehr vereinbahren, noch selben annehmen, sondern sie scheiden sich spätlich von einander, zerspringen endlich und fallen ab: Will also dieses Mahlen hurtig in den nassen Kalck nach einander verfertigt seyn. Es werden aber hierzu lauter Erd-Farben, aber keine Mineralien genommen, sondern das Weisse von gebrannten Trevertin-Stein oder gebrantem Kalck, gelben Ogger, Braunroth, Terra verta, Ultramarin oder blau Azur, Smalta, braun Ogger, Umbra, Kinruß und dergleichen Farben, so von einem starcken Wesen sind, und die der Kalck nicht aufzehren kan. Diese Mahlerey will haben einen geschwinde Hand, reiffen hurtigen Verstand, weil die Farben wenn sie noch naß, ein Ding viel anders vorstellen, als wenn sie trucken sind. Es muß auch der Mahler in dieser Arbeit mehr Vernunfft, als des Abrisses sich bedienen, alles schon gleichsam an einen Grieff haben, und ein geübter Künstler seyn ; weil die Arbeit keine Saumseligkeit noch Zech-Brüder dultet. Hierbei ist aber zu mercken, daß man nichts zu retouchieren übrig lassen, oder das keine Leimfarben, noch mit Ogger-gelbe, Gummi oder Tragant angemachte Farben darzu kommen müssen ; weil hierdurch der Mauren ihre natürliche Weisse entfället, und nachgehends alle Farben abstehen, sehr gelbe, heßlich und schwartz werden.