UMRIß (n. m.)
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Wir wollen dieses Orts nicht gedencken von der sinnreichen Erfindungen/noch von den Farben/Liecht und Schatten/noch von der schönen Ordnung/noch von der Bewegung des Gemüthes/welches alles der verständige Mahler/meisterlich zu Werck zu bringen/wissen soll: sondern allein handeln von der kunstständigen Stellung/dem Ebenmaß und den gehörigen Umbriß eines Bildes/welches gleichsam das a/b/c kan genennet werden/und wann man solcher Buchstaben versichert ist/muss man alsdann die Sylaben und Wörter zusammen sezen lernen; wie hier/wenn man die Augen/Nasen/Ohren/Mund zeichnen kan/ist alsdann leicht ein wolgebildtes Angesicht und nachgehends von den Armen/Händen und Füssen/einen gantzen Leib aufzureissen und zu entwerffen; massen solches alles die beliebte Ubung erfreulichst lehren wird.
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Eine andere Art ist/ die um und um mit Linien umzogen/ Profil, Umriß oder Liedmaß genennet wird. Diese sind zwar/ sowol zur Bau-Kunst und Bildhauerey/ als zur Mahlerey/dienlich/ aber am allermeisten zur Bau-Kunst: weil deren Zeichnung allein in Linien bestehet/ als ihrem Anfang und Ende/ daher sie auch den Namen bekommen/ und das übrige/ vermittels des Modells von Holz/ nach diesen Linien gemacht/ den Steinmetzen und Maurern zugehöret. {Wie die Zeichnung zur Bildhauerey dienlich/} In der Bildhauerey/ dienet die Zeichnung zu allen Umrißen: welche der Bildhauer also von Gesicht zu Gesichtabsehen und in sein Werk bringen kan/ sonderlich wann er einen Theil abzeichnen will/ der bässer herfür kommen soll/ es mag nun in Wachs/ Erde/ Erz/ Marmor oder Holz geschehen. {und zur Mahlerey.} In der Mahlerey-Kunst/ dienen diese Zeichnungen auf unterschiedliche Manier/ absonderlich von jeder Figur oder Bildnis einen Umriß zu machen. Wann nun diese gut/ just und nach proportion geschihet/ so ist der Schatten und das Liecht/ welches nachmals beyfüget/ eine Ursach/ daß die lineamenten oder Striche der Figur/ welche man bildet/ besonders erhoben heraus kommen/ und an dem ganzen Bild eine beliebliche Güte und Vollkommenheit erhellet. Wer nun diese Linien wol zu brauchen und anzuwenden weiß/ wird mit der Zeit/ durch stätige Ubung und reiffe Vernunft/ in allen diesen Künsten ein vollkommener Meister werden.
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{Anweisung zu dieser Mahlerey in großen Sachen} Wer eine fürnehme Historie auf frischen Kalch zu mahlen gewillt ist/ der durchsinne und bedencke erstlich die Historie wol/ darnach setze er seine Gedanken mit der Feder oder Kreide auf Papier. {Umriß und Carton} Wann ihm nun solcher Abriß beliebig/ so mache er die Bilder der vorhabenden Historie auf ein ganze Tafel/ von Erde oder Wachs/ (auch bekleidet/ nach Notturft mit fein genetzter Leinwat oder dünn seidenem Zeug) ein oder zwey Spannen hoch. Wann also das Modell vollbracht ist/ so setze er dasselbige so hoch und weit von sich/ wie es sein Horizont, das Liecht und die Distanz erforderet/ und die Historie-Ordnung mit sich bringt: alsdann wird sich erzeigen der Figuren Proportion, Ordnung/ Liecht und Schatten/ halbe und beyde Theile/ völlig nach der Natur Schlag und Brauch. Nach solchem nimmet der Mahler ein darzu zusammgepaptes Papier der rechten Größe/ wie er vorhabens ist das ganze Werk zu machen/ zeichnet darauf/ mit etwas Behelf der fürnehmsten Theile des Lebens/ die ganze Historie wol ausgeführet: und dieses wird alsdann eine Carton genennet. Wann dieses fertig ist/ so schneidet man ein Stuck oder Figur ab/ just soviel/ als man selbigen Tag zu verrichten ihm vorgenommen/ und leget solches auf den Platz des angeworffenen nassen Kalchs/ und fähret alsdann mit einem spitzigen Pfriem oder Eisen säuberlich über den Umriß des Papiers. {Dieser wird auf dem nassen Kalch stückweis/} Wann solches geschehen ist/ so findet der Mahler darunter den Umriß seines fürnehmens durchgezogen/ weil der frische Kalch gehorsam ist: und hierauf wird mit Farben nach dem Riß gemahlet. Des andern Tags/ wird wieder also ein Stuck von dem Carton abgeschnitten/ und damit/ wie gemeldt/ verfahren/ und also alle Tage fortgesetzet/ bis das Werk vollbracht ist. Man kan also nicht fehlen/ weil jedesmal/ bey auflegung des neuen abgeschnittenen Bilds/ auf der Mauer/ des vorigen Ende erscheinet. Wann man aber/ auf eine Tafel oder Tuch/ aber sonsten ganz/ durchgezogen. nach dem Modell oder Carton von Papier/ mahlen will; alsdann ist das verschneiden unnötig/ sondern man überfährt solchen Modell hinten mit trucken-geschabter Kohle wolschwarz/ leget es also auf die Tafel fest nieder/ und zeichnet den Umriß mit dem vorgemeldten Stefft oder Eisen überall ab/ oder durchpauscht solches: alsdann findet man denselben ganz auf der Tafel/ und ist hierauf mit Oelfarben darüber zu mahlen. Dieses ist der Process und Gebrauch bey den meisten Italiänern/ sonderlich bey den Florentinern. Aber andere/ sonderlich die das meiste nach dem Leben mahlen/ bedienen sich allein der natürlichen Modellen: nach welchen sie ihr fürnehmen/ mit gutem Urtheil/ durch Verhülf der Kreiden/ auf ihre Tafel zeichnen/ und also/ ohne fernere Mittel/ das Werk fortsetzen.
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Rede bey Stellung des Modells, p. 12-13
[…] [ndr.: dann] examinire er bedächtiglich die gantze Action, bevor er einen Anfang mit dem Zeichnen machet/ hernach imaginire er sich eine menge horizontaler und perpendicularer Linien/ so wird er durch dieselbigen den rechten Orth eines jeden Gliedes/ wo es auf den Papier solte hingezeichnet werden/ ohnefehlbar entdecken/ überdem/ so wird […] das Centrum gravitatis in allen sowohl stehenden/ gehenden/ tragenden als laufenden Figuren observiren können.
Alsdann […] verfertige den Entwurff/ oder den generalen Umriß der ganzen Action. Nach vollendetem Entwurff muß er das meist arbeitenden Glied zum ersten fertig contourniren oder umreissen/ die wenig arbeitenden hernach/ die ganz ruhende zuletzt […]
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Rede bey Stellung des Modells, p. 15
Dann müssen auch die Contours, oder die Umrisse sowol die äussern als die inneren/ weder die auf de Tag noch im Schatten/ mit scharffen harten Strichen angewisen werden. Sondern die äusserten Contours oder Umrisse müssen mit Gelegung eines hellen/ oder dunckel Grundes/ die innern aber/ mit gehörigem Licht und Schatten angedeudet werden.
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Der Andere Anhang worinnen was einem galant-homme von dem Kupferstechen zu verstehen nützlich ja fast nöthig ist/ kurtz und deutlich abgehandelt wird. I. Was und wie vielerley das Kupferstechen und Holtzschneiden sey, p. 173
Entweder wir die Kupffer-Plate gantz dünne mit warmen Wachs/ hingegen auf der Zeichnung die nachgestochen soll werden/ die Umrisse und Haupt-Striche mit Reißbley überzogen/ alsdenn leget man den Riß auf die Plate/ und poliret darhinter starck mit einem Wolffs-Zahn/ so zeichnet sich die Figur auf das Kupffer ab. Diese wird hernach mit sehr spitzigen und scharffen Grabsticheln ausgestochen/ die Schattirung aber sticht der Kupfferstecher theils mit Puncten/ theils mit einfachen/ theils mit doppelten/ ja drey- und vierfachen Creutzstrichen aus. Oder es wird die Plate dick mit einem gewissen harten Wachs überzogen/ nachdem sie zuvor wohl auf Kohlen erwärmet worden. Uber diesen Grund streicht man eine gelinde weisse oder röthliche Farbe.
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Ist nun ein Entwurff, nach ober-zehlten Reguln eingerichtet worden, das ist, hat man 1. Lind gezeichnet, 2. Seine Theil-Linien, in Ansehung der Zierlichkeiten, des Leibs-Drehung, mit seinem andern schregen Linien wohl gesetßt, 3. Mit Distancen jedem Theil seine rechte Länge und Breite gegeben, 4. Die Examinir-Linien so gemacht, daß man sie nicht sehen kan, (massen sie nur dem Sinn nach müssen gebraucht werden) ist der Entwurff, sage ich, so eingerichtet, so kan der Umriß gewiß desto füglicher darinn gefunden werden.
PREISSLER, Johann Daniel, [Pl. 11 : Figur-Entwurff], estampe, dans PREISSLER, Johann Daniel, Die durch Theorie erfundene Practic, oder Gründlich-verfasste Reguln, deren man sich als einer Anleitung zu berühmter Künstlere Zeichen-Wercken bestens bedienen kan, Nürnberg, Johann Daniel Preissler, 1722, vol. II, n.p..
PREISSLER, Johann Daniel, [Pl. 12 : Figur-Entwurff], estampe, dans PREISSLER, Johann Daniel, Die durch Theorie erfundene Practic, oder Gründlich-verfasste Reguln, deren man sich als einer Anleitung zu berühmter Künstlere Zeichen-Wercken bestens bedienen kan, Nürnberg, Johann Daniel Preissler, 1722, vol. II, n.p..
PREISSLER, Johann Daniel, [Pl. 5 : Figur-Entwurff], estampe, dans PREISSLER, Johann Daniel, Die durch Theorie erfundene Practic, oder Gründlich-verfasste Reguln, deren man sich als einer Anleitung zu berühmter Künstlere Zeichen-Wercken bestens bedienen kan, Nürnberg, Johann Daniel Preissler, 1722, vol. II, n.p..
PREISSLER, Johann Daniel, [Pl. 6 : Figur-Entwurff], estampe, dans PREISSLER, Johann Daniel, Die durch Theorie erfundene Practic, oder Gründlich-verfasste Reguln, deren man sich als einer Anleitung zu berühmter Künstlere Zeichen-Wercken bestens bedienen kan, Nürnberg, Johann Daniel Preissler, 1722, vol. II, n.p..
PREISSLER, Johann Daniel, [Pl. 7 : Figur-Entwurff], estampe, dans PREISSLER, Johann Daniel, Die durch Theorie erfundene Practic, oder Gründlich-verfasste Reguln, deren man sich als einer Anleitung zu berühmter Künstlere Zeichen-Wercken bestens bedienen kan, Nürnberg, Johann Daniel Preissler, 1722, vol. II, n.p..
PREISSLER, Johann Daniel, [Pl. 8 : Figur-Entwurff], estampe, dans PREISSLER, Johann Daniel, Die durch Theorie erfundene Practic, oder Gründlich-verfasste Reguln, deren man sich als einer Anleitung zu berühmter Künstlere Zeichen-Wercken bestens bedienen kan, Nürnberg, Johann Daniel Preissler, 1722, vol. II, n.p..
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Die gröste Zierlichkeit bestehet ausser allen Zweiffel in einem netten und guten Umriß. So bald der Entwurff durch gebogene schrege und gerade Linien verfertigt; so wird als dann jedwedem Theil seine Schönheit und Zierlichkeit beygefügt, solcher Gestalt, daß, was im Entwurff einem geraden Stück Holz ähnlich, durch groß- und kleine Ausprünge wodurch man auch das enge von dem breitern unterscheidet, vollkommen gemacht wird, und das heist der Umriß. Dieser wird nun bey allen Entwürffen erstlich ganz lind gesucht, und jedwede Linie des Entwurffs wird in dem umreissen nach seinen Musculn, die entweder grösser oder kleiner sind, eingetheilet; [...]. Sonsten hat man im umreissen diesen Unterschied zu merken, daß I. nach dem Alter, 2. nach den Verrichtungen, Amt oder Geschäften, immer ein Umriß vor den andern mehr ausgeprungen seyn muß. Denn ganz anders wird Apollo, als Mercurevorgestellt, noch mehr differirt Hercules vom Mercurio. Vornemlich aber ist dieser Unterschied zu merken bey Weiblichen Figuren. Dann bey diesen darff man nicht sehen auf das ausgesprungene Wesen derer Musculn, noch weniger auf die Quadraturen derer Gewerbe oder Gebeine, sondern vielmehr, daß die Umrisse ganz gelind und zierlich aneinander hangen, so daß man von Musculn wenig oder gar nichts sehe, es seye dann eine schnelle oder gewaltsame Bewegung. Anlangend den Kopff, Hände und Füsse, so müssen diese ganz gratieux und lieblich aussehen, so, daß der Kopff eine schöne Idée habe, welche zwar nicht in kleinen Partien bestehet: [...]
Wann in so weit die Figuren sind hergestellt worden, so wird man , um dem Schatten einig Genüge zu leisten (ich sage einig, denn von der volkommenen Ausführung des Schattens und Lichts soll der nachfolgende letzte Theil handeln,) durch Ausdrückung der Schatten-Seite jedwede Figur in etwas angenehmer und lieblicher zu machen haben [...] Die Bey-und Neben-Werke aber sollen niemalen in der Stärke die Figuren übertreffen, es sey dann in einem Vordergrund. [...]
PREISSLER, Johann Daniel, [Pl. 13 : Hercule (?) / Homme debout tenant une arme], estampe, dans PREISSLER, Johann Daniel, Die durch Theorie erfundene Practic, oder Gründlich-verfasste Reguln, deren man sich als einer Anleitung zu berühmter Künstlere Zeichen-Wercken bestens bedienen kan, Nürnberg, Johann Daniel Preissler, 1722, vol. II, n.p..
PREISSLER, Johann Daniel, [Pl. 14 : Hercule (?) / Homme s'agrippant], estampe, dans PREISSLER, Johann Daniel, Die durch Theorie erfundene Practic, oder Gründlich-verfasste Reguln, deren man sich als einer Anleitung zu berühmter Künstlere Zeichen-Wercken bestens bedienen kan, Nürnberg, Johann Daniel Preissler, 1722, vol. II, n.p..
PREISSLER, Johann Daniel, [Pl. 15 : Hercule (?) / Homme marchant, tenant une épée], estampe, dans PREISSLER, Johann Daniel, Die durch Theorie erfundene Practic, oder Gründlich-verfasste Reguln, deren man sich als einer Anleitung zu berühmter Künstlere Zeichen-Wercken bestens bedienen kan, Nürnberg, Johann Daniel Preissler, 1722, vol. II, n.p..
PREISSLER, Johann Daniel, [Pl. 16 : Hercule (?) / Homme debout tenant une massue], estampe, dans PREISSLER, Johann Daniel, Die durch Theorie erfundene Practic, oder Gründlich-verfasste Reguln, deren man sich als einer Anleitung zu berühmter Künstlere Zeichen-Wercken bestens bedienen kan, Nürnberg, Johann Daniel Preissler, 1722, vol. II, n.p..
PREISSLER, Johann Daniel, [Pl. 17 : Femme], estampe, dans PREISSLER, Johann Daniel, Die durch Theorie erfundene Practic, oder Gründlich-verfasste Reguln, deren man sich als einer Anleitung zu berühmter Künstlere Zeichen-Wercken bestens bedienen kan, Nürnberg, Johann Daniel Preissler, 1722, vol. II, n.p..
PREISSLER, Johann Daniel, [Pl. 18 : Femme ailée, tenant une trompette et une couronne], estampe, dans PREISSLER, Johann Daniel, Die durch Theorie erfundene Practic, oder Gründlich-verfasste Reguln, deren man sich als einer Anleitung zu berühmter Künstlere Zeichen-Wercken bestens bedienen kan, Nürnberg, Johann Daniel Preissler, 1722, vol. II, n.p..
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Wann nun der Entwurff auf das fleißigste, lind, und correct verfertiget ist, alsdann sucht man den Umriß, welcher ebenfalls lind nachgemacht wird: Der alsdann an seinen gehörigen Orten hier und da, mit Drucken an statt des Schattens verfertiget wird.