WAHRHEIT (n. f.)
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{Der Autor, und Claudius Gilli übeten sich hierinn zu Rom.} Die Landschaft-Mahler/ haben hierinn/ indem sie viel nach dem Leben gezeichnet/ sich wol-erfahren gemacht: maßen sie solcher Handriße sich nachmals überall bedienen können. Ich selbst thäte solches/ etliche Jahre lang. Endlich aber/ als mein nächster Nachbar und Hausgenoß zu Rom/ der berühmte, Claudius Gilli, sonst Loraines genant/ immer mit ins Feld wolte/ um nach dem Leben zu zeichnen/ aber hierzu von der Natur gar nicht begunstet war/ hingegen zum Nachmahlen eine sonderbare Fähigkeit hatte: als haben wir ursach genommen/ (an statt des Zeichnens oder Tuschens mit schwarzer Kreide und dem Pensel) in offnem Feld/ zu Tivoli, Frescada, Subiaca, und anderer Orten/ auch al S. Benedetto, die Berge/ Grotten/ Thäler und Einöden/ die abscheuliche Wasserfälle der Tyber, / den Tempel der Sybilla, und dergleichen/ mit Farben/ auf gegründt Papier und Tücher völlig nach dem Leben auszumahlen. Dieses ist/ meines darfürhaltens/ die beste Manier/ dem Verstande die Warheit eigentlich einzudrucken: weil gleichsam dadurch Leib und Seele zusammen gebracht wird. In den Zeichnungen wird hingegen alzuweit zuruck gegangen/ da die wahre Gestalt der Sachen nimmermehr also pur eigentlich heraus kommet. {Noch andere fürtreffliche Landschaft-Mahlere.} Es ist auch besagter Claudius, wiewol langsam genug/ endlich in dem Landschaft-Mahlen/ gründen und coloriren/ so perfect worden und hoch gestiegen/ daß er wunder gethan/ und billich ein Antecessor und Ubertreffer aller der andern mag genennet werden [...].
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{Unachtsamkeit der Alten/ in erwehlung kleiner Mahl-Stüblein: wodurch sie ihnen selbst/ die Weitturft und das nötige Liecht/ entzogen.}
Es haben viel unserer Vorfahren/ auch meist die allerberühmteste Teutsche Kunst-Mahlere/ gefehlet/ indem sie/ all zu kleiner auch überall mit Liecht und Sonnenschein erfüllter Mahl Stüblein/ zu ihrer Arbeit sich bedienet: wordurch ihnen/ der Platz und die nötige Distanz, um von ihrem Modell oder Tafel weit genug ab und zuruck zu treten/ auch ihre Arbeit von weitem zu besichtigen und darüber zu urtheilen/ so wol auch des gerechten hohen einfälligen Liechts Stärke zum rundiren/ folgbar die natürliche Kräften aller Farben/ verkürzt und benommen worden: Und wurden sie/ wann sie in einem anständigen Mahlzimmer gewesen wären/ ihren trefflichen Werken viel mehr Leben/ Kraft und Warheit gegeben haben. {Des Mahlzimmers rechte Breite und Länge}/ So ist dann vonnöten/ daß ein schickliches Zimmer/ absonderlich zum Bild-Mahlen in Lebens-Größe/ auch zum Historien-Mahlen/ und dergleichen/ erwehlet werde. Dasselbe mus nun wol hoch und groß seyn/ und in der Länge zum wenigsten 30 Schuh/ und in der Breite fast eben soviel haben/ auch das Liecht/ welches recht mitten und zu oberst des Zimmers anfangen mus/ 5 oder 6 Schuh in der Vierung haben/ wiewol die Rundung besser anstünde. {auch groß und kleines Liecht} Gleich unterhalb dieses Liechts/ soll noch eines jenem gleichförmig seyn/ welches bedeckt kan werden: damit/ wann Historien zu praesentiren sind/ so in frey-offenem Feld im Sonnenschein bey vielem Liecht geschehen/ man zu dem obern auch etwas vom untern eröffnen könne. Dieses Liecht/ soll von Nord oder Septentrion, weil von dannen der Sonnen-Glanz am wenigsten bescheinet/ genommen werden. Ein gerechtes Zimmer zu unserer Kunst ist/ wann darinn alles/ was von Modellen hinein kommt/ auch die Gemälde selbst/ ein vollkommen-schönes Liecht haben/ und jedem Ding den Wolstand/ Schatten und Widerschein geben kan.
Anciens (les)
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{Harte/ helle und hohe Farben/ müssen vermieden/ oder solang gebrochen werden/} Im übrigen ist diß meine gründliche Meinung/ wie sehr ihr auch mag widersprochen werden/ daß alle harte/ helle/ starke und hohe Farben ingesamt zu meiden und zu verwerfen seyen/ als eine Sache/ worinn die ganze Discordanz eines Gemähls bestehet: wann nicht deren hartkrellige Art gebrochen/ und gedämpfet/ oder mit Vernunft durch andere annehmliche und verträgliche temperirt wird. Dann diese frische ganze Farben/ wie von Kartenmahlern und Färbern/ auch wol von andern/ die in unserer Kunst etwas verstehen wollen/ gebraucht werden/ sind so wenig in einem vernünftigen Gemälde zu dulten/ als wenig gesund und angenehm ist/ das rohe Fleisch aus der Metzig ungekocht essen. {bis sie der Natur ähnlich kommen.} Diesem werden beyfallen alle so die Warheit lieben/ und erkennen/ daß etliche alte Teutsche/ {Nieder- und Holländer excelliren hierinn.} als Holbein/ Amberger/ Lucas von Leyden/ Sotte/ Cleef und andere/ uns mit diesem Liecht wol vorgegangen: welchen die Niederländer/ sonderlich zuletzt die Holländer/ lehrhaft gefolget/ und diese Kunst in den höchsten Grad erhoben/ wie man alle Farben mischen/ brechen/ und von ihrer crudezza reduciren möge/ bis daß in den Gemählen alles {In großen Werken/ mus die disminuirung beobachtet werden/} der Natur ähnlich kommen
Alte Deutsche (die)
AMBERGER, Christoph
HOLBEIN, Hans (the younger)
Holländer (die)
Niederländer (die)
VAN CLEVE, Joos
VAN LEYDEN, Lucas
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Quotation
Der dritte Discours von der Mahlerey. Das III. Capitel. Worauf über dieses in HISTORIEN-Gemählden besonders zu sehen, p. 67
[Ist ferner nöthig auf folgende Stücke mit Achtung zu geben]
1. Auf die Warheit/ daß nichts in dem Gemählde sey/ so der Historie/ wie sie von guten Historie/ wie sie von guten Auctoribus beschrieben ist/ zuwider lauffe. Also darff man bey der Hochzeit zu Cana in Galilea keinen weissen Wein mahlen/ weil nur rother in Judaea gewachsen ist. Als wenn an einem päpstischen Altat das Abendmahl gemachet wird/ als Sässen die Junger dabey/ da sie doch nach der alten Manier dabey gelegen/ damit solcher Gebrauch dem gemeinen Volck nicht wunderlich vorkomme.